Politik

Junge Menschen und Politik: Ihre Stimme muss gehört werden

Artikel
Nicole Kleeb

Die Interessen junger Menschen sind in der Politik nicht angemessen repräsentiert. Junge Menschen dürfen oft nicht wählen, sie gehen nicht und sie lassen sich auch nicht aufstellen. Für die Gesellschaft ist das ein Problem. Demokratie ist die Herrschaft des Volkes – Menschen bestimmen also selbst oder durch ihre gewählten Vertreter:innen wie der Staat und die Gesellschaft sich entwickeln. Aber wer darf mitentscheiden und wer nicht? Wie viel Einfluss haben die jungen Menschen tatsächlich auf Entscheidungen?

Wer wählen geht hat Macht

85 Prozent der Wähler:innen erwarten, dass die Parteien halten, was sie im Wahlkampf versprechen. Möchte man also wiedergewählt werden, sollte man seine Wähler:innen zufrieden stellen. Wer eine Partei wählt, beeinflusst also auch, was diese Partei für Themen bearbeitet, priorisiert und damit unbedingt umsetzen möchte.

Mit ihrer Stimme wählen die Bürger:innen Parteien und Kandidat:innen, die für bestimmte Werte und Ideen stehen. Welche Personen und Vorschläge einem selbst am wichtigsten sind, bestimmt jede:r Wähler:in selbst und muss niemandem erklären warum oder für wen man sich entschieden hat. Dennoch gibt es verschiedene Merkmale von Menschen, die besonders oft bestimmte Wahlentscheidungen hervorrufen. Üblicherweise werden Bildung, Wohnort und Einkommen genannt, um Wahlverhalte zu erklären. Oft unterschätzt wird aber das Alter, da die Lebensumstände bestimmte Themen für einen wichtiger oder unwichtiger machen und generationenabhängig sind. So spielen Renten und Steuern für Personen, die davon betroffen sind eine größere Rolle als das Bafög und umgekehrt genauso. Was am Ende für die Gesellschaft Priorität hat und z. B. erhöht oder gesenkt wird entscheiden die gewählten Abgeordneten so, wie ihre Partei und ihre Wähler:innen es von ihnen erwarten. Die Anzahl und Interessen der Wähler:innen spielen damit eine große Rolle für die Prioritätensetzung der Politik. Doch auch die Wahlbeteiligung ist zwischen den Generationen unterschiedlich. So gehen ältere Menschen deutlich häufiger wählen und jüngere deutlich weniger, was dazu führt, dass ihr Anteil an den Wähler:innen größer ist, als der an den Wahlberechtigten und der Bevölkerung. Zur Europawahl 2019 hat nur etwa jede:r Zweite unter 25 Jahren gewählt.

Mehr Informationen zur letzten Europawahl 2019 finden sich hier. Und zur Bundestagswahl 2021 hier.

Wer wählen darf hat Macht

Das Volk sind die Bürger:innen und wer dazugehört wird im deutschen Grundgesetz und bei EU-Wahlen im Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union festgelegt. Wählen dürfen demnach alle Deutschen (Artikel 116 Abs. 1 GG). Dabei gibt es jedoch drei Einschränkungen: Eine davon das Alter.

Die Altersgrenze hat das Bundesverfassungsgericht damit begründet, dass die Bürger:innen dem Kommunikationsprozess zwischen Volk und Staatsorgan im hinreichendem Maß folgen können müssen (BVerfGE 151,1; Ls. 3). Damit meinen sie, dass die Bürger:innen Verstandesreife und Einsichtsfähigkeit besitzen müssen. Zurzeit gehen die politischen Entscheider:innen davon aus, dass das Alter der beste Weg wäre dafür eine Grenze zu ziehen. Je nach Wahl bestimmen darüber allerdings unterschiedliche Parlamente und Mehrheitsregeln und so können bei Europawahlen, einigen Landtags- und Kommunalwahlen bereits 16-Jährige wählen. Die Bundestagswahl und andere Landtags- und Kommunalwahlen sind jedoch weiterhin ab 18 Jahren. Immer wieder gibt es Initiativen, die auch diese Wahlen ab 16 Jahren durchführen lassen möchten. Ist es kein Widerspruch, dass 16-Jährige zur Europawahl wählen dürfen, aber die Bundestagswahl nicht? Weitere Informationen zum Wählen ab 16 finden sich hier.

Wer gewählt wurde entscheidet

Das sogenannte passive Wahlrecht, also das Recht gewählt zu werden, erhält man in Deutschland mit der Volljährigkeit, also 18 Jahre. Dennoch ist die jüngste Abgeordnete Delara Burkhardt von der SPD, die mit 26 Jahren ins EU-Parlament gewählt wurde. Und nur 12 der 96 deutschen Abgeordneten sind unter 35 Jahren. Auch im Deutschen Bundestag ist das Durchschnittalter der Abgeordneten bei über 47 Jahren und nur knapp 2 Prozent der Abgeordneten ist unter 30 Jahre alt. Ausschlaggebend dafür, ob eine Partei einen Kandidierenden zur Wahl aufstellt, sind i. d. R. die langjährige Parteiarbeit, sich im Kontext mit Älteren behaupten zu können und die hohen Kosten im Wahlkampf zu stemmen. Das ist für jüngere Menschen herausfordernd und sogar unmöglich.

Ist das wichtig? Ja – denn der sogenannte „Wähler:innenwille“ ist reine Mystik. Die Repräsentationsforschung zeigt, die Interessen werden am besten von jemanden vertreten, der selbst dazugehört. Sie können es besser nachvollziehen und argumentieren. Repräsentation und Beteiligung gehen deshalb Hand in Hand.

Auch wenn junge Menschen keine einheitliche Gruppe mit denselben Ansichten sind, gibt es bestimmte Prioritäten und Wünsche besonders häufig in den Generationen vertreten.

Verschiedene Generationen legen auch verschiedene Schwerpunkte. 15- bis 24-Jährige Europäer:innen geben eher als die älteren an (48 und 24 Prozent), dass Arbeitslosigkeit eine große Herausforderung ist. Darüber hinaus sehen sie neben den 25- bis 39-Jährigen ebenfalls häufiger Umweltschutz und den Klimawandel als Herausforderung. Um ihre Themen voranzubringen, sollten junge Menschen deshalb aktiver Teil der politischen Gesellschaft sein, sich engagieren, wählen und selbst zur Wahl aufgestellt werden.

Fazit

Wofür sich Parteien einsetzen, hängt davon ab, wer wählen darf und wählen geht. Besonders junge Menschen gehen deutlich seltener wählen, was ihre ohne hin schon geringere Anzahl durch den demografischen Wandel noch verstärkt. Sie sind als Wähler:innengruppe damit weniger bedeutend für das Wahlergebnis und ebenso ihre Zufriedenheit für Wiederwahlen. Um das zu ändern, muss die Wahlbeteiligung junger Menschen erhöht werden und durch Aktivitäten abseits von Wahlen andere Generationen für ihre Themen geworben werden. Also: Es braucht mehr Stimmen von jungen Menschen und mehr Stimmen für die Themen junger Menschen.

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