
Social Media sind essenziell, um junge Menschen mit politischen Themen zu erreichen
Sibylle Gröbel
Einsamkeit ist mehr als ein Gefühl. Sie betrifft immer mehr junge Menschen – und sie hat Folgen. Nicht nur fürs Wohlbefinden, sondern auch für unsere Gesellschaft und Demokratie. Unsere aktuelle Studie zeigt: Einsamkeit kann das politische Engagement junger Menschen langfristig schwächen – über einen kaum beachteten Umweg: das Gefühl von Selbstwirksamkeit.
In der Studie wurden 2.532 junge Erwachsene zwischen 16 und 30 Jahren befragt. Das Ergebnis:
Einsamkeit meint nicht einfach: „allein sein“. In der Forschung wird zwischen emotionaler Einsamkeit (fehlende enge Beziehungen) und sozialer Einsamkeit (zu wenig eingebunden sein in Gruppen oder Netzwerke) unterschieden. In der Studie wurde mit anerkannten wissenschaftlichen Skalen gearbeitet – etwa mit Aussagen wie „Ich fühle eine Leere in mir“ oder „Ich vermisse es, Menschen um mich zu haben“. Wer hier mehrfach zustimmt, gilt als moderat oder stark einsam.
Viele junge Menschen, die sich einsam fühlen, interessieren sich trotzdem für Politik und Gesellschaft – genauso wie nicht einsame. Aber: Sie haben deutlich mehr Zweifel daran, dass ihr eigenes Handeln etwas verändern kann.
Nur 16 % der stark Einsamen glauben, dass sie lokal gesellschaftliche oder politische Veränderungen bewirken können. Unter den nicht Einsamen sind es 25 %.
Auch das Vertrauen ins politische System ist angegriffen:
Selbstwirksamkeit bedeutet: Ich glaube daran, dass ich etwas bewirken kann. Man unterscheidet zwischen:
Beides hängt eng zusammen. Wer sich nichts zutraut und gleichzeitig den Eindruck hat, dass sich sowieso nichts ändern lässt, zieht sich eher zurück – auch wenn er oder sie eigentlich motiviert wäre.
Einsamkeit verstärkt diesen Effekt. Denn wer wenig sozialen Rückhalt hat, bekommt seltener positive Rückmeldungen, Bestätigung oder praktische Unterstützung. Genau diese Erfahrungen aber stärken Selbstwirksamkeit – und damit auch das Vertrauen in Politik und Gesellschaft.
Die Studie zeigt auch eine andere Seite: Engagement kann ein Weg aus der Einsamkeit sein. Viele junge Menschen wünschen sich durch politisches oder gesellschaftliches Engagement:
Für einsame junge Menschen kann das besonders wichtig sein. Sie geben häufiger an, dass Anerkennung durch andere sie motiviert, sich stärker zu beteiligen.
Damit sich einsame junge Menschen einbringen können, braucht es:
Jugendzentren, offene Treffpunkte, digitale Plattformen oder auch Peer-Projekte können genau solche Räume schaffen. Politische Bildung muss hier ansetzen – und Mut machen, statt abzuschrecken.
Einsamkeit betrifft viele – aber sie muss kein Dauerzustand sein. Und sie muss nicht bedeuten, dass junge Menschen sich abwenden. Wenn Engagement als Einladung gestaltet wird, mit echten Beteiligungsmöglichkeiten, Anerkennung und Gemeinschaft, dann kann es Teil der Lösung sein – für den Einzelnen und für unsere Demokratie.
Die Studie „Jung, einsam – und engagiert?“ ist Teil des Programms GenNow – Junge Menschen und Gesellschaft. Sie basiert auf einer repräsentativen Online-Befragung von 2.532 jungen Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren im Zeitraum vom 13. bis 29. März 2024.
Unter Impulse findet ihr Artikel zu unseren Themen und Projekten. Hier werden auch unsere neusten Studien und andere Materialien veröffentlicht.